Zu Besuch im Winterlager…

24. Dezember 2021 Von Philip

Ein besonderes Jahr

Auch für uns war 2021 anders. Anders in vielerlei Hinsicht. 
Natürlich haben auch wir die Auswirkungen der Pandemie zu spüren bekommen. Lange herrschte Ungewissheit ob und wann wir wieder „unbeschwert“ in die Niederlande einreisen dürfen, dann endlich der verspätete Start in die Saison der uns in einen recht bescheidenen Segelsommer führen sollte. Wirklich viel war nicht los auf dem Wasser, vieles hatte dieses Jahr einfach nicht gepasst. Durch Termine zu Hause, schlechtes Wetter und wenig Wind haben wir, verglichen zu den anderen Jahren, recht wenig Meilen auf dem Wasser gemacht. Trotzdem hatten wir einige schöne Tage auf dem Wasser über die wir aus der Winterpause heraus sicher noch berichten werden. 

Das Winterlager - eine neue Situation

Nachdem unser Stolpervogel am achten Oktober aus dem Wasser gekrant wurde, fanden wir uns in einer neuen Situation wieder: Mal eben am Wochenende zur Halle fahren um kleinere Arbeiten wie das Erneuern des Unterwasser-Anstrichs vorzunehmen – das ging nun nicht mehr. In diesem Winter werden am Wochenende keine Mitarbeiter des Hafens anwesend sein, der Zutritt zur Halle ist somit nicht mehr gestattet. Auch zwischen den Feiertagen ist ein Besuch nicht möglich – hier haben auch die Hafenmeister frei. 
Wir hoffen, dass wir im Frühjahr kurz vor Saisonbeginn auch wieder am Wochenende in die Halle können um das Antifouling zu erneuern – das ist diesen Winter definitiv fällig!

Student müsste man sein...

Ab hier beginnt eine kleine Weihnachtsüberraschung für Bernd. „Hallo Papa“ und nochmal „Frohe Weihnachten“ an dieser Stelle!
Bernd hat zwar Urlaub, aber leider genau zur gleichen Zeit wie die Hafenmeister. Möglich wäre ein Kurztrip nach Lemmer zwar, ein Besuch in der Halle aber nicht. Da in den Niederlanden aber seit ein paar Tagen wieder ein strenger Lockdown, auch über die Feiertage“ gilt, wäre ein Ausflug ganz schön unromantisch. 

Hier spiele ich nun mein Ass: Die Weihnachtsferien! Glücklicherweise gönnt uns die Fakultät, sicher nicht ganz uneigennützig, jedes Jahr den Luxus dieser zwei Wochen Pause. So war es mir möglich für einen kurzen Ausflug nach Lemmer zu fahren. 

Los geht's

Am 20.12.2021 war es soweit, es soll nach Lemmer gehen. Okay, seit gestern gilt der neue Lockdown im Nachbarland. Darf ich jetzt überhaupt noch einreisen? Ja, ich darf! Unklar formuliert sind die neuen Lockdown-Regeln aber was den Besuch der Winterlager angeht. Ein kurzer Anruf beim Hafenmeister – alles kein Problem! Also schnell die Schlüssel vom Stolpervogel in die Tasche und rein ins Auto und ab geht’s auf die A3. Papa soll keinen Verdacht schöpfen, ist aber sowieso arbeiten.

Schon auf der Autofahrt fällt mir auf: Hier ist ganz schön wenig los, die Straßen sind frei.

Alles leergefegt

Dieser Eindruck bestätigt sich bei der Durchfahrt durch Lemmer. Vor dem Supermarkt herrscht normalerweise reges Treiben – jetzt ist hier fast gar nichts los. Klar, es fehlen die Chartercrews die hier fast täglich die Biervorräte auffüllen müssen. Aber auch für diese Jahreszeit scheint es mir hier verdächtig ruhig. Der neu verhängte Lockdown scheint zu funktionieren. 
Am Hafen angekommen stelle ich das Auto zwischen die auf dem Parkplatz abgestellten Schiffe. Hier habe ich eigentlich freie Wahl, ich bin der einzige Besucher. Ich sehe niemanden, ich höre niemanden. Lediglich die Betonfabrik gegenüber gibt die gewohnten Geräusche von sich. Ein Blick aufs Wasser – trotz schönstem Segelwetter (wenn man warm genug angezogen ist) ist niemand unterwegs. 

Die Suche...

Wie jedes Jahr begab ich mich also auf die Suche nach dem Stolpervogel – in einer der drei Hallen wird er wohl stehen. Allerdings werden die Hallen ganz schön vollgepackt, nicht einfach sich hier in kürzester Zeit einen Überblick zu verschaffen. Generell ist es schon schwierig überhaupt voranzukommen ohne sich den Kopf zu stoßen oder zu stolpern. 

Natürlich bin ich bei meiner ersten Erkundungsrunde am Stolpervogel vorbei gelaufen. Immerhin hatte ich zwei der Hafenmeister getroffen und mich nett mit diesen unterhalten. Doch dann war es soweit: Ein bekannter Rumpf, die Farbe des Antifoulings stimmt – jetzt nur noch den Schiffsnamen abgleichen. Tatsächlich, relativ weit vorne in der ersten Halle steht der Stolpervogel am Durchgang zur zweiten Halle. 
Doch an Deck zu kommen könnte sich schwierig gestalten, das Heck ist eng zugeparkt worden. 

Kletterkünste

Doch der Aufstieg gelingt mir besser als gedacht. Nachdem ich eine Leiter gefunden und mich mit etwas Geschick durch die engen Gassen bis zum Stolpervogel gekämpft habe mache ich mich an den Aufstieg. Nun stehe ich an Deck in einem Meer aus mit Folie abgedeckten, ruhenden Schiffen. 

Und ab gehts unter Deck!
Auf dem Weg sehe ich: Die Salinge liegen im Cockpit, du kannst also beruhigt schlafen Papa :). 
Unter Deck sieht auch alles gut aus: Die Batterien wurden bereits geladen und einmal getestet. 
Allerdings scheint dem Arbeiter unser auf dem Tisch positionierter Luftentfeuchter umgefallen zu sein. Jedenfalls liegt der Luftentfeuchter nun im Spülbecken, Tisch und Bodenbretter sind mit einer seifig glänzenden Flüssigkeit bedeckt. Der Verursacher hatte wohl schon versucht die ausgelaufene Flüssigkeit aufzuwischen, leider ist diese durch die Chemikalien aus dem Luftentfeuchter aber hartnäckig. 
Also mache ich mich mit der Pütz bewaffnet auf dem Weg zum Sanitärgebäude. Der neue Türcode funktioniert. So mache ich mich mit warmen Wasser und einem Schuss Blue Wonder ans Werk. In der Bilge kann ich noch eine kleine Pfütze der Flüssigkeit aus dem Entfeuchter finden. Alles sauber gemacht und abgetrocknet. Bei dieser Gelegenheit habe ich den Luftentfeuchter natürlich auch entleert und mit einem neuen Beutel ausgestattet – apropos: Das war dann der letzte aus dem Karton, wir müssen neue kaufen! 

Der Motor ist auch noch da

Ein Blick in unseren Maschinenraum: Jo, der Motor ist noch da. Und offenbar wurde das Öl auch schon gewechselt. Jedenfalls sehe ich wie jedes Jahr eine kleine Ölpfütze in der Ecke – auch die wird fleißig weggeputzt. Sonst sieht alles aus wie immer, in den Kühlwasserschläuchen sammelt sich durch die längere Standzeit etwas Rost. 

An Bord bin ich jetzt soweit fertig. Eigentlich habe ich alles erledigt – doch für Papa nehme ich noch eine Kleinigkeit mit nach Hause. Vielleicht berichtet er ja in Kürze hier darüber was es war und warum ich es mitgenommen habe. 

Das Unterwasserschiff

Dass dieses Jahr ein neuer Anstrich fällig sein wird war uns ja klar. Durch die immer strengeren Zulassungsbeschränkungen für Antifouling in den Niederlanden wird es scheinbar zunehmend schwieriger guten Schutz mit guter Haltbarkeit zu kombinieren. Leider hielt der aktuelle Anstrich nur eine Saison, das hatten wir beim Krantermin bereits gesehen. Trotzdem habe ich für Bernd nochmal ein Video aufgenommen: 

Jetzt war aber auch wirklich alles getan. Auf dem Weg zum Auto bin ich nochmal zu unserem Liegeplatz gelaufen. Fühlt sich irgendwie leer an, so ohne den Stolpervogel hier. 

Ein Ausflug nach Downtown Lemmer:

Bevor ich die Rückreise antreten würde wollte ich noch schnell in den Supermarkt um ein paar Kleinigkeiten mitbringen zu können. Schon mal hier ging ich noch eine Runde durch den Ort, doch auch hier wieder: Alles leergefegt. Im Lockdown dürfen Restaurants, Bars, Kneipen und auch Geschäfte nicht mehr öffnen. 
Die Coffeshops in Zwolle scheinen aber zur kritischen Infrastruktur zu gehören. Hier läuft der Betrieb ganz normal – also hab ich mir sagen lassen… 

Bis nächstes Jahr, ganz bestimmt!

So endet mein kleiner Ausflug ins Winterlager auch schon. Das erste Mal bin ich jetzt allein im Winter nach Lemmer gefahren um nach dem Rechten zu sehen. Das funktioniert zwar, fühlt sich aber ungewohnt an und macht nachdenklich…
Was hält das neue Jahr wohl für uns bereit? Auch 2022 wird uns vor neue, teils große Herausforderungen stellen. Noch wissen wir gar nicht genau was das alles bedeutet, wie das alles funktionieren wird. 
 Egal was da kommt – gemeinsam schaffen wir das Papa! In einem Jahr schreiben wir wieder unseren kleinen Jahresrückblick und schauen auf das zurück, was wir 2022 alles gemeinsam geschafft haben.